Haushaltsrede 04.02.2019

Veröffentlicht am 12.02.2019 in Fraktion

Durch die Umstellung des Haushalts auf das Doppik-Verfahren waren die HH-Beratungen diesmal besonders spannend. Schließlich unterscheidet sich der neue Haushaltsplan in Aufbau, Methodik und Philosophie deutlich von der bisherigen Kameralistik. Man muss sich auf die neue Systematik einlassen und einstellen, um die Chancen und Risiken dieses Verfahrens zu erfassen. Ich möchte deshalb zunächst einmal auf zwei Punkte eingehen, welche zukünftige HH-Beratungen aufgrund der neuen Methodik spürbar verändern werden.

Zum einen wird das Zahlenwerk u.a. um die Definition von Zielen für jede einzelne HH-Stelle ergänzt. Das stärkt die Möglichkeiten des Gemeinderates, auch konkrete Ziele für einzelne Themenbereiche mit zu formulieren. Natürlich wurden bis jetzt schon viele Zielsetzungen von der Verwaltung und dem Gemeinderat gemeinsam erarbeitet oder sogar aus der Mitte des Gemeinderates eingebracht. Es gab allerdings gerade in den letzten Jahren zwei klassische Top -  Down – Themen, mit denen der Gemeinderat von der Verwaltungsspitze mehr oder weniger überrascht wurde – das Projekt „ein Jahr länger leben“ und in diesem Jahr die Quartiersteuerung. Ich möchte hier gar nicht darauf eingehen, ob diese Projekte erfolgreich oder nicht erfolgreich sein werden, ob sie nachhaltig wirken oder schnell verpuffen werden. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die neue HH-Philosophie uns die Chance eröffnet, intensiv und konkret auf die Ziele der Kommunalpolitik einzuwirken. Wir sollten diese Chance als selbstbewusste Gemeinderäte nutzen.

Zum zweiten sorgt die an die Privatwirtschaft angelehnte Methodik des HH dafür, dass alle Regie-bzw. Fixkosten auf  die von der Verwaltung angebotenen Produkte und Dienstleistungen heruntergebrochen werden. Diese Transparenz ist zunächst einmal nicht falsch. Sie wird allerdings dazu führen, dass der Druck, die ausgewiesenen Kosten für städtische Produkte und Dienstleistungen an die Bürger weiterzugeben, deutlich steigen wird. Dies würde  dann z.B. die Preise für die Erstellung eines Ausweises oder für die Ausleihe von Büchern spürbar erhöhen. Wir Gemeinderäte  müssen an dieser Stelle dafür sorgen, dass eine vernünftige Balance zwischen betriebswirtschaftlichen Ergebnissen und der Belastungsfähigkeit der Bürger gefunden wird.

Von der Form nun zum Inhalt des Doppel-HH 2019/ 20

Das Investitionsvolumen in diesem Zeitraum ist nicht nur außergewöhnlich, sondern einzigartig. Wir halten diese hohen Investitionen für angebracht und richtig. Auch im Jahr 2018 entwickelten sich unsere Finanzen wieder deutlich besser als geplant, sodass uns jetzt liquide Mittel und kurzfristige Darlehen in der Größenordnung von etwa 60 Mio Euro zur Verfügung stehen. Mit den nun geplanten Investitionen verhalten wir uns im Grunde genommen wie ein verantwortungsbewusster privater Hausbesitzer, der nach Jahren guter Einnahmen und soliden Wirtschaftens den angesparten Überschuss nutzt, um den Wert seines Besitzes deutlich zu erhöhen und zukunftsfähig zu machen ohne dabei  in die Verschuldung zu gehen.

Auch bei den Schwerpunktthemen der Investitionen stimmen wir mit der Auffassung der Verwaltung weitestgehend überein. Die Hauptstoßrichtung ist klar: Gaggenau soll als familienfreundliche Kommune konsequent weiterentwickelt werden. Dafür stehen Millionen- schwere  Investitionen im Schulbereich, aber auch der konsequente Ausbau von Kindergärten, Kinderkrippen und  Kitaplätzen. Wir freuen uns, dass wieder mehr Kinder in unserer Stadt leben und wir wollen weiterhin kräftig in gute Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Familien investieren.

Dazu gehören auch die Investitionen in den Bäderbereich. Wir stehen ganz klar hinter der Zielsetzung, das Waldseebad zu einem Naturerlebnisbad auszubauen, es gibt hier eine vernünftige, zukunftsfähige Planung und wir wollen, dass diese Planung ohne Abstriche umgesetzt wird – und zwar so schnell wie möglich. Wir sind aber auch bereit, den Schwimmbadvereinen der privatgeführten Freibäder in Ottenau und Sulzbach mehr Geld und  sonstige Unterstützung zur Verfügung zu stellen als früher geplant. Wir wollen, dass das Waldseebad wieder zu einem positiven Markenzeichen  unserer Stadt wird und dass die beiden anderen Freibäder weiterhin „am Netz bleiben“

Zu einem anderen Thema: Das Unimog-Museum hat sich in Eigeninitiative zu einem Leuchtturm-Projekt entwickelt, das weit über die Grenzen unserer Stadt hinausleuchtet. Die geplanten Weiterentwicklungen werden die Attraktivität erhöhen und das Geschäftsmodell absichern. Für die Stadt Gaggenau bietet sich in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, ein Industriemuseum zu überschaubaren Investitions- und Folgekosten anzudocken. Wir freuen uns, dass die Absichtserklärung, auf diesem Feld aktiv zu werden, durch einen ansehnlichen Planansatz im Haushalt untermauert wird.

Neben diesen „Sonderthemen“ stehen natürlich auch in diesem HH-Plan wieder Investitionen für Hallen, Straßen, Brücken, Spielplätze, Sportanlagen, Friedhöfen, städtische Gebäuden usw. auf  der Ausgabenseite des städtischen HH, ebenso wie die Zuschüsse für kommunale Einrichtungen und die Unterstützung von sozialen Aufgaben. Die nächste Phase der Stadtentwicklung muss finanziell abgesichert werden, der Hochwasserschutz wird viel Geld verschlingen und auch die Infrastruktur für neue Wohnbebauung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Finanzielle Kraftakte werden uns deshalb auch in die Folgejahren  begleiten, aber die Investitionssumme von fast 50 Mio Euro in diesem Doppel-HH muss in den Folgejahren wieder auf „Normalmaß“ zurückgeführt werden. Eine „Finanzpolitik mit Augenmaß“ soll auch in Zukunft ein Qualitätsmerkmal dieser Stadt und dieses Gemeinderates sein

Wir sollten uns ohnehin davor hüten, angesichts der sehr erfreulichen finanziellen Entwicklung der letzten Jahre die Bodenhaftung zu verlieren und uns an der  - auch im Vergleich zu anderen Kommunen – günstigen Situation zu berauschen. Zum einen gibt es trotz der guten HH-Lage genügend nachvollziehbare Wünsche an Schulen, Hallen und sonstigen Einrichtungen, die nicht oder zumindest nicht sofort erfüllt werden können. Zum anderen sagt einem schon die Lebenserfahrung, dass es nicht nur „fette Jahre“ geben wird. Wir müssen auch zukünftig wieder bereit und in der Lage sein, einen „atmenden Haushalt“  zu gestalten, bei dem die Schlagzahl der Investitionen von der Entwicklung der Einnahmen gesteuert wird. Ziel muss es dabei sein, auch weiterhin keine Schulden zu machen und einen „Notgroschen“ deutlich über den gesetzlichen vorgeschriebenen Rücklagen sicher zu stellen.

Wir dürfen an dieser Stelle auch nicht vergessen, dass man nicht nur am HH-Plan ablesen kann, ob eine Stadt lebenswert und attraktiv ist oder nicht. Gemeinschaftssinn, soziales Engagement, ehrenamtliche Arbeit in Vereinen und Institutionen ist der Kitt einer intakten Kommune. Wir brauchen viele Menschen, die bereit sind, sich einzubringen und mitzugestalten anstatt zu schwerpunktmäßig zu nörgeln und zu maulen. Unsere Aufgabe in der kommunalpolitischen Verantwortung besteht darin, ein positives Klima zu schaffen, das viele Menschen animiert, sich einzubringen und  mit zu gestalten

Der griechische Philosoph Aristoteles sagte, „wenn ein Mensch behauptet, mit Geld lasse sich alles erreichen, darf man sicher sein, dass er nie welches gehabt hat.“

Dieser Satz ist auch nach 2400 Jahren immer noch aktuell und völlig unabhängig von der Frage, ob ein HH nach der Kameralistik oder im Doppik-Verfahren erstellt wurde


Wir bedanken uns bei der Verwaltung, insbesondere bei Kämmerei  für die Erstellung dieses Haushaltsplanes sowie beim Hauptamt für die Einführung in die neue HH-Methodik und stimmen dem vorliegenden Entwurf zu.